Seit dem 1. Oktober ist der sogenannte CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) in Kraft. Er soll verhindern, dass europäische Unternehmen ihre Produktion und die dabei entstehenden Emissionen ins Ausland verlagern, weil sie dort anders als in der Europäischen Union keine Emissionszertifikate kaufen müssen und billiger produzieren könnten („carbon leakage“). Zunächst gilt eine Übergangsphase, doch ab 2026 will die EU im Rahmen des CBAM Abgaben auf Importe von ausländischen Firmen erheben, die keinem Emissionshandel unterliegen – und zwar im selben Ausmaß, in dem europäische Unternehmen Zertifikate kaufen müssen. Die Abgabe soll nicht nur „carbon leakage“ verhindern, sondern zugleich andere Länder ermutigen, mehr für den Klimaschutz zu tun.
Auf der Klimakonferenz COP28 ist die Kritik vor allem von Schwellenländern wie Südafrika, Brasilien, Indien und China am CBAM erneut hochgekocht, berichtet der Informationsdienst „Table Media“. Sie haben demnach sogar darauf gedrungen, ihre Einwände gegen den CBAM und ähnliche handelspolitische Instrumente im Dienste des Umwelt- und Klimaschutzes in den sogenannten Global Stocktake aufzunehmen. In diesem Dokument der Konferenz bilanzieren die Staaten erstmals gemeinsam ihre bisherigen Bemühungen zum Klimaschutz.
Hohe Einbußen für Afrika befürchtet
Ein wesentlicher Einwand von Entwicklungs- und Schwellenländern lautet, der CBAM unterscheide nicht zwischen Importen aus ärmeren und reichen Ländern und verletze deshalb den klimapolitischen Grundsatz von der „geteilten, aber unterschiedlichen Verantwortung“ (common, but differentiated responsibilities). Auf einer Veranstaltung in Dubai warnte der Chef der Afrikanischen Entwicklungsbank, Akinwumi Adesina, der CBAM könnte in Afrika zu Exporteinbußen in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar jährlich führen. Betroffen wären vor allem afrikanische Exporteure von Dünger, Eisen, Stahl, Aluminium und Zement. Adesina bezog sich offenbar auf eine Studie vom Mai dieses Jahres.
Die EU hat die Kritik der Schwellenländer laut „Table Media“ in Dubai zurückgewiesen – und vermutet, sie gehörte zu deren Verhandlungspoker über das Abschlussdokument der COP28. Bereits Mitte November hatte Maria Elena Scoppio, die in der EU-Kommission unter anderem für Steuern und Zölle zuständig ist, in einer Diskussionsrunde den CBAM als sinnvolle Umweltmaßnahme verteidigt. Der Mechanismus habe einige Länder, etwa Mosambik, bereits dazu angeregt, ihre Industrieproduktion klimafreundlicher zu machen.
Der CBAM ziele nicht auf Länder, sondern auf Produkte, deshalb könne es für einzelne Länder auch keine Ausnahmen geben, sagte Scoppio. Einige Schwellenländer wie Indien und Südafrika sind dagegen der Ansicht, dass der CBAM gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verstößt. In der Diskussionsrunde äußerte Scoppio sinngemäß den Wunsch, dass die Angelegenheit endlich in die WTO gebracht wird: Dann würde geklärt, dass sie mit deren Regeln vereinbar ist.
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